Letzte Woche Donnerstag hatte ich meine Mutter angerufen, um ihr zu sagen, dass ich feine Matcha-Azuki-Törtchen zubereitet habe. Aber bevor ich dazu kam, legte sie bereits los und erzählte mir alles Mögliche. Schließlich sagte sie "irgendetwas wollte ich noch sagen, egal, Na dann, tschüss".
Ich gleich: "Moment, ich habe angerufen, weil ICH dir was sagen wollte!"
Ich erzähle ihr von den Törtchen und frage, ob sie Interesse habe.
"Dann könnten wir uns zur Übergabe in der Stadt treffen."
Sie: "Jetzt weiß ich wieder, was ich sagen wollte." blablabla *erzähl*
Ich: "Okay, bis dann."
Auf das Thema Matcha-Törtchen gehe ich nicht mehr ein. Das Desinteresse war eindeutig.
Am Sonntag, als wir auf dem Spielplatz standen, nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte zu ihr:
"Mama, du hast dir doch von mir gewünscht, dass ich mehr meine Gefühle äußere."
(siehe Bericht vom Treffen am 20.10.)
"Ich war sehr traurig, dass du kein Interesse daran hattest, mein Törtchen zu probieren."
Anm. Dazu sollte ich wohl erwähnen, dass meine Mutter prinzipiell schon großes Interesse an Törtchen hat. So fährt sie z.B. extra nach Paris, um dort verschiedene Törtchen zu probieren.
Sie: " Ich wollte nicht, dass du meinetwegen Umstände hast."
...
Da uns am Sonntag das japanische Büffet im ULA gut geschmeckt hat, beschließen wir, am Freitagabend die Speisen der Abendkarte zu testen. Für mich ist das zeitlich zwar ungünstig, da ich für den Kirchenbasar am Samstag Kuchen backen wollte, aber meine Mutter fliegt bereits am 5.11. und es ist der einzige Termin, an dem alle können.
Montag, der 27. Oktober 2014
Ein kindfreier Morgen. Ich backe einen Hefekuchen mit Äpfeln nach einem neuen Rezept.
Aber irgendwie läuft nicht alles am Schnürchen und es wird spät.
Ich rufe meine Mutter an, um ihr zu sagen, dass ich etwas später komme, weil ich noch meinen Hefekuchen im Ofen habe.
"Kein Problem."
Uff, ich bin erleichtert.
Am späten Vormittag mache ich mich auf den Weg.
Als ich ankomme, sitzt Kazu auf dem Boden umgeben von einem Haufen Lego.
Ich bin unruhig und möchte schnell nach Hause, denn es ist bald Zeit fürs Mittagessen.
"Mama, kann ich das bitte noch fertig bauen?"
"Na gut, aber dann gehen wir, verstanden?"
"Okay."
Ich setze mich zu meiner Mutter an den Tisch und höre mir an, was sie zu sagen hat.
Sie: "Ist dein Kuchen etwas geworden?"
Ich: "Ja, der Hefeteig ist ganz fluffig geworden."
Sie: "Warum hast du nichts mitgebracht?"
Ich: "Du schienst kein Interesse zu haben."
Sie: "Du weißt doch, dass ich gerne weichen Hefeteig esse. ...
Du bist so ein schwieriges Kind. ... Es geht einfach nicht, dass du solche Erwartungshaltungen hast. Erst neulich wieder ..."
Ich: "Ja, ich werde mir zukünftig Mühe geben, keine Erwartungen mehr zu haben."
Sie: "Ja, das ist schön."
Die Stimmung ist im Keller.
Kazu ist endlich mit seinem Lego-Bauteil fertig.
"Dann lass uns gehen."
"Ich habe Hunger. Kann ich Kuchen essen?"
"Kazu, es gibt gleich Mittagessen. Wir gehen jetzt."
Meine Mutter stellt ihm einen Teller mit Kuchen hin.
Ich resigniere.
"Dieses Stück, aber dann gehen wir."
Ich möchte nur noch weg von hier.
"Ich habe noch Hunger."
Natürlich hat er Hunger. Es ist ja auch Mittagessenzeit.
Ich werde ungeduldig.
Meine Mutter holt ihm zwei weitere Stücke Kuchen.
"Nun lass das Kind doch essen."
Ich werde lauter.
"Er soll Mittag essen und nicht Kuchen. ..."
Nein! Es gibt kein drittes Stück!" sage ich jetzt bestimmt.
Los, anziehen.
Kazu trödelt.
"Los, Kazu, zieh endlich deine Schuhe an!"
Ich bin gereizt.
Sie: "Nun schimpf doch nicht so laut."
Und dann geht die Leier los. Ich sei so ein schlimmes Kind. Überhaupt nicht lieb. Und so egoistisch.
Etc, etc.
Ich bin am Ende. Kazu ist endlich startklar.
"Dann bin ich eben nicht lieb" gebe ich zurück, und verlasse mit meinem Sohn ihre Wohnung.
Im Fahrstuhl kommen die Tränen herausgeschossen. Es schüttelt mich regelrecht.
Auf der Straße muss ich weiter weinen. Ich kann nicht aufhören. Kazu dreht sich ein paar Male um, um Babasan, die auf dem Balkon steht, zu winken. Dabei wackelt sein kleiner Trolley, den er hinter sich herzieht.
Ich kann nicht zurückblicken, achte nur aus den Augenwinkeln darauf, dass Kazu hinter mir bleibt.
Die ganze Bahnfahrt lang kämpfe ich mit den Tränen. Kazu versucht mich zu trösten.
Ich erkläre ihm, dass ich nicht wegen ihm traurig bin.
Ich fühle mich wie ein seelisches Wrack.
Alles, was ich in der Therapie und auch sonst gelernt habe, fühlt sich so sinnlos an.
Und die geplante Japanreise wirkt wie ein bedrohlicher Schatten auf mich.
Vielleicht sollte ich sie absagen und das Geld in den Wind schießen.
Ich bin verzweifelt. Ich bin traurig. Ich weiß nicht mehr weiter.
Und alles nur, weil ich so dumm war, meine Gefühle zu äußern.
Dienstag, der 28. Oktober 2014
Die Nacht war kurz und furchtbar. Magenkrämpfe haben mich nicht schlafen lassen.
Mein Bruder hat heute Geburtstag und da ich zu seiner Feier am 1. November nicht kann, hat er mich und Kazu zum Kuchen und Tee in ein Café eingeladen.
Meine Mutter wird auch dabei sein.
Vielleicht sage ich ab?
Aber Kazu äußert klipp und klar, dass er gerne den Geburtstag seines Onkels feiern möchte.
Und so sehe ich der Begegnung mit meiner Mutter mit Bangen entgegen.
Doch vorher habe ich glücklicherweise noch meine Therapiesitzung.
Es ist das erste Mal, so weit ich mich zurück entsinnen kann, dass bei mir (in dieser Therapie) die Tränen kommen.
Das Gespräch mit dem Therapeuten bringt Ordnung in mein seelisches Chaos und beruhigt mich. Gestärkt mache ich mich auf den Weg zur Kita, um Kazu abzuholen. Gemeinsam geht es dann weiter zur Bio Konditorei Tillmann in Wilmersdorf.
Meine Mutter und mein Bruder kommen gemeinsam. Die Begrüßung fällt normal aus.
Wir setzen uns. Meine Mutter fängt gleich an zu reden und sie kommt auf Freitag zu sprechen.
Mein Stichwort: "Ich werde Freitag nicht kommen."
Sie: "Warum?"
Ich: "Mir geht es nicht gut."
Sie: "Warum?"
Ich, genervt: "Ich fühle mich psychisch nicht stark genug."
Sie: "Warum?"
Ich, fassungslos ob der vielen Warums: "Du machst mich kaputt!"
Sie: "Dann können wir das mit Japan ja vergessen."
Meine Augen füllen sich bereits mit Tränen. Die Stimmung ist am Gefrierpunkt.
Mein Bruder: "Könnt ihr das später klären? Ich möchte meinen Geburtstag feiern."
Ich trockne mir die Tränen und gehe mit meinem Bruder an die Kuchentheke.
Dadurch, dass wir in einem öffentlichen Café sitzen (mit voll besetztem Tisch nebenan) und mein Bruder als auch Kazu anwesend sind, und mein Bruder eingeschritten ist, ist die Situation nicht weiter eskaliert.
Das gemeinsame Kuchen testen (jeder bei jedem) macht Spaß und die Kuchen schmecken und schaffen ein positives Gefühl.
Die Gemüter haben Zeit sich zu beruhigen.
Das war auch ein Punkt, den mir mein Therapeut empfohlen hat. Sich Zeit zu verschaffen im Gespräch. Um wieder ruhig zu werden. Um wieder auf Augenhöhe zu kommen.
Offenbar hat meiner Mutter die kurze Ruhepause auch gut getan. Denn sie tut etwas, dass ich nicht von ihr kenne. Sie ENTSCHULDIGT sich bei mir.
Ich falle aus allen Wolken. Was war das gerade?
Ihre Reaktion war unangemessen, entschuldigt sie sich. Natürlich möchte sie, dass wir nach Japan kommen.
Wir beginnen zu reden. Ja, es kommt zum Dialog. Sonst sind Gespräche mit meiner Mutter ja eher ein Monolog.
Wir reden hauptsächlich über Japan, die Erwartungen und Wünsche wie auch die Ängste.
Ich sage ihr, dass sie mir stets das Gefühl gibt, dass ich sie nicht interessiere, dass sie mich hasst und nichts mit mir zu tun haben will.
"Das stimmt doch nicht" wirft sie ein. Wir reden. Und ich habe tatsächlich mal das Gefühl, dass sie mir auch Gehör schenkt.
Und so kommt es zur Versöhnung und ich werde nun doch am Freitagabend mit dabei sein.
Mittwoch, der 29. Oktober 2014
Ich beschließe, zu diesem Anlass noch einmal den Hefekuchen mit Äpfeln und Preiselbeeren zu backen.
Während der Opa sich gleich mit seinem Enkel zum Spielen in Kazus Zimmer verzieht, lassen meine Mutter und ich uns den Kuchen schmecken (habe noch Sahne dazu serviert) und ich bin froh, dass der Kuchen gut ankommt.
Wir reden über dies und das und eine Stunde ist schnell verflogen. Schließlich kommen noch Kazu und der Opa und auch denen schmeckt es.
Nur Kazu fragt, so ganz nebenbei *g*, wohin er denn die Äpfel legen könne. :-P Ich nasche sie ihm weg.
Nach zwei Stunden verabschiedet sich meine Mutter (mein Vater bleibt noch ein weiteres Stündchen) und ich komme endlich dazu, meinen Wochenrückblick zu schreiben.
Aber ich muss zugeben, dass das Zusammensein mit meiner Mutter dieses Mal doch deutlich entspannter war als sonst.
Donnerstag, der 30. Oktober 2014
Heute kommt meine Freundin Kathleen aus dem Stuttgarter Raum zu Besuch. Natürlich möchte ich ihr da etwas anbieten können und stelle noch schnell den Krokant für meine Krokanttorte her.
Die Zeit rennt.
Kazu in den Kindergarten bringen, schnell nach Hause, das morgendliche Chaos beseitigen, da klingelt es schon an der Tür.
Juppie!
Wir haben uns gleich viel zu erzählen, der Kuchen bekommt noch seinen Krokantmantel, dann machen wir es uns mit Essen auf dem Sofa gemütlich.
Hach ist das schön.
Mittags gehen wir ins Mamecha und bestellen beide die aktuelle Bento-Box. Leckere, solide japanische Hausmannskost.^^
Von dort aus fahren wir beide zum Kindergarten, Kazu abholen, der anfangs noch scheu ist, aber bald gänzlich auftaut.
Zur Kaffeezeit gönnen wir uns wieder Kuchen und auch Kazu langt ordentlich zu. Ich hätte nicht gedacht, dass er den Krokant mag. Von wegen Stücke und so.
Zum Abendbrot mache ich uns Pizzabrote mit Hefeschmelz. Die sind einfach immer wieder praktisch. Schnell gemacht und lecker.^^
Dann wird es Zeit, Kathleen zum Bus zu bringen.
Kazu ist furchtbar traurig und fängt doch glatt an zu weinen, als meine Freundin davonfährt.
Er versteht nicht, warum ich nicht gleich das (noch nicht vorhandene) Gästebett beziehe, damit Kathleen jederzeit zum Übernachten vorbeikommen kann.
"Ja, Kazu, Kathleen kommt so schnell sie kann wieder" versuche ich ihn zu trösten.
Also, liebe Kathleen, wir freuen uns, dich bald wieder hier zu haben. :-D
Freitag, der 31. Oktober 2014
Bald ist das Jahr zu Ende und es wird höchste Zeit, mein dickes rosafarbenes Projekt zu Ende zu bringen: Felder!
Das Macaronskapitel steht noch aus.
Und so backe ich heute früh Felders traditionelle Macarons.
Desweiteren backe ich noch den Wiener Boden und den Mürbteigboden für meine Zitronensahnetorte, die für den Kirchenbasar gedacht ist.
Abends geht es mit Kazu zum Abendessen ins japanische Restaurant ULA.
Beim Essen dabei sind meine Mutter, meine Schwester, mein Bruder mit Frau und Kazu und ich.
Wir bestellen zwei Menüs und mehrere à la carte Speisen.
der vordere Teller ist die Vorspeise eines Menüs |
beides Vorspeisen à la carte |
vegetarische Hauptspeise |
Die Aubergine wäre wohl echt fein, wenn sie unten nicht schwarz wäre und sie dadurch leider ein verbranntes Aroma aufweist. :-(
Unser Fazit:
Für japanische Verhältnisse sind die Mengen viel zu groß (vor allem die Größe der Vorspeisen) und die Speisen sind viel zu stark gewürzt. Die Würzung ist sehr kreativ und wenig klassisch japanisch. Interessant, aber die Speisen bieten kein "wow"-Erlebnis. "Ganz nett" ist unser Urteil.
Einzig die Optik, die Art und Weise, wie die Speisen kredenzt werden, entlocken uns ein "Schön!".
Kazu schmeckt es nicht.
Im Gegensatz zum Sonntagsbrunch sind wir enttäuscht, weil unsere Erwartungen sehr hoch waren. Abends müssen wir daher nicht noch einmal her, aber zum Büffet am Sonntag gehen wir gerne noch einmal hin, auch wenn da die Speisen eher Hausmannskost waren.
Von der Stimmung her war es schön, aber die Stimmung beim Brunch war netter gewesen.
Irgendwie hatte an diesem Abend meine Schwester mich auf den Kieker. :-(
Ich gehe alleine nach Hause, denn Kazu wird die Nacht bei seinem Onkel verbringen. Damit geht ein lang gehegter Wunsch von Kazu in Erfüllung. :-)
Ich nutze den freien Abend, um meine Torte einzusetzen.
Das Ergebnis gibt es im nächsten Rückblick. ^^
Ohje, ich hab mich erst erschrocken, als ich das mit deiner Mutter gelesen habe, aber dann ist mir aufgefallen, dass das genau die Situation war, von der du unter deinem letzten Wochenrückblick in den Komentaren berichtet hast.
AntwortenLöschenIch wünsche dir wirklich, dass es jetzt vlt bergauf geht mit deiner Beziehung zu deiner Mutter und dass es noch häufiger solche Momente gibt, wie der, indem sie sich bei dir entschuldigt hat.
Liebe Grüße
Kiichigo
Am 5.11. ist sie wieder nach Japan geflogen. Und wenn wir in Japan dann auf dichtem Raum zusammenwohnen, wird es sicher den ein oder anderen Zusammenstoß geben.
LöschenIch muss nun lernen, mich nicht erniedrigen zu lassen, sondern auf Augenhöhe zu bleiben.
Aber wenn wir die Zeit in Japan erfolgreich meistern, wird das sicherlich zu einer positiven Wende in der Mutter-Tochter-Beziehung führen. Auf jeden Fall bin ich nun wieder voller Hoffnung.
Vielen lieben Dank für deine Anteilnahme.
Ach, das mache ich doch gerne :)
LöschenIch finde es auch selbst immer schön, wenn man ein paar aufbauende Worte gesagt/geschrieben bekommt.
Liebe Grüße
Ach herrjeh, so ein anstrengendes emotionales Auf und Ab. Mein Kompliment, dass du dich nicht entmutigen lässt und auch nicht aufgibst, die Situation mit deiner Mutter zu verbessern!
AntwortenLöschenKönntest du bitte bei Gelegenheit das Rezept des Hefekuchens posten?
Vielen Dank, Johanna
Man hat halt nur eine Mutter (in der Regel jedenfalls.)
LöschenDas Rezept zum Apfelkuchen kommt heute oder morgen. Danke schön für dein Interesse. :-)