Ich beginne den Tag mit einem japanischen Neujahrsbrauch und lasse mir morgens gleich ein Bad ein. Das nennt sich Asaburo. Ich dusche in der Regel lieber, aber ein japanisches Bad am Neujahrsmorgen ist dann eben doch etwas besonderes. :-)
Ein weiterer Brauch ist es, gemeinsam und in aller Ruhe zu frühstücken. Bei uns wurde das Frühstück auf 9:00 Uhr festgesetzt. Und es gibt nicht irgendetwas zum Frühstück. Es gibt Osechi ryôri, das traditionelle japanische Neujahrsessen. Und das ist echt unglaublich, was da auf den Tisch kommt.
Jeder Speise kommt eine Bedeutung zu. So hat mich K-san durch eine Lotuswurzel (renkon) blicken lassen, denn dann kann man die Zukunft sehen, heißt es.
Osechi-ryôri wird in einer glänzenden, mehrstöckigen Schachtel serviert (ursprünglich edle, lackierte Holzboxen mit Golddekor, jûbako genannt).
Kauft man sie, wie es mittlerweile die meisten Japaner tun, kommt das Essen natürlich nicht in so einer teuren Verpackung daher.
Hier noch einmal der Wiki-Link und dann noch einer in englisch, der mir von den vielen Google Treffern sehr gut gefallen hat.
Bei uns sieht man in der Mitte des Tisches die zwei gekauften Schachteln. Ringsherum ist das Essen, das meine Mutter selber zubereitet hat, wobei noch nicht alles gedeckt ist.
Ich habe so gut wie alles probiert. Was soll ich sagen? Es hat wirklich fast alles (bin ja ehrlich *g*) sehr köstlich geschmeckt.
Ich war bisher der Meinung, dass Osechi ryôri geschmacklich nicht meine Welt ist. Diese Meinung vertrete ich nun nicht mehr. Haha, ich bin jetzt wohl alt genug für Osechi ryôri. ^^
Kazu dagegen konnte dem Essen gar nichts abgewinnen.
"Warte nur ab, mein Schatz. In 40 Jahren spätestens wird es auch dir schmecken ." ^_-
Ein weiterer Brauch ist Otoshidama. Das große Ereignis für Kinder, denn Otoshidama ist ein Geldgeschenk für Kinder. Eine etwas größere Summe, mit der sich die Kinder im neuen Jahr ihre Wünsche erfüllen können.
Kazu und ich haben von K-san Otoshidama bekommen. Wobei Kazu kein Geld bekommen hat, sondern Prepaid-Karten, mit denen er in jedem Kombini (Convenience Store) nach Belieben einkaufen konnte.
K-san arigatô!
Nach dem Essen spiele ich mit Kazu eins der mitgebrachten Spiele. Dann machen wir uns auf den Weg zum ca. 1,4 km entfernten Spielplatz im Inabaji-Park. Ein netter Spaziergang.^^
Nach dem Herumtoben gönnen wir uns eine Pause. Wir naschen Schokoladenbärchen.
Mmh. :-)
K-san hat mir beigebracht, dass sich in Nagoya das Wetter vom Westen her ändert und ich den Himmel im Westen stets im Auge behalten soll. Als sich dieser verdunkelt, brechen wir daher auf.
Und tatsächlich. Es zieht zu und frischt auf. Wir haben bereits 2/3 der Strecke geschafft, als es anfängt zu schneien. Hatsuyuki!
Hatsuyuki, der erste Schnee im neuen Jahr. Dass es um diese Zeit schneit, ist für Nagoya eher ungewöhnlich. Normalerweise fängt es hier erst so um den 20. Januar an zu schneien.
Der Schnee fällt immer dichter. Schnell nach Hause.
Zu Hause bei K-san ist dieser damit beschäftigt, die Neujahrspost durchzusehen.
In Japan ist es Brauch, Freunden und Verwandten Neujahrskarten, nengajô, zu verschicken. (Dafür verschickt man i.d.R. keine Weihnachtspost).
Und es ist fast schon Pflicht, dass man Personen, denen man Respekt schuldet (z.b. den Vorgesetzten bei der Arbeit, dem Arzt, etc.), ebenfalls nengajô schickt.
Die Post liefert diese Neujahrskarten übrigens genau am 1. Januar aus.
Ich habe auch Neujahrskarten verschickt (nach Deutschland). Da das Jahr 2015 das Jahr des Schafes ist, ist auf vielen Karten ein Schaf abgebildet.
Die Auswahl ist riesig. Ich habe mich für diese hier entschieden. Süß, nicht?
Das Schneetreiben ist mittlerweile richtig heftig geworden. Draußen ist alles weiß. Zum Glück waren wir rechtzeitig zu Hause.
Kazu und ich spielen wieder zusammen.
Ein paar Stunden später ist alles vorbei. Der Schnee ist zu Kazus Leidwesen, der gerne einen Schneemann gebaut hätte, nicht liegengeblieben. Die Sonne scheint.
Ich beschließe, die Gunst der Stunde zu nutzen und einen weiteren Spaziergang zu unternehmen.
Ich gehe alleine zu Piago (ca. 30 min Fußweg) und wähle den Weg am Toyokuni jinja (Toyokuni Schrein von Nagoya) vorbei. Sozusagen mein Hatsumôde ("erstes Aufsuchen" ... der Götter).^^
Hatsumôde ist ein weiterer Neujahrsbrauch. Und zwar ist damit der Besuch eines Shintô-Schreins oder eines buddhistischen Tempels gemeint und zwar während der ersten drei Tage im neuen Jahr (1.1.–3.1.). Man bedankt sich für das letzte Jahr und bittet für Sicherheit und Frieden im neuen Jahr. Dem Schrein bzw Tempel wird Geld gespendet und oft kauft man sich auch Omamori. Das sind Talismane.
Nach Abhaken der Neujahrsbräuche *g* widme ich mich wieder dem Kommerz und gehe bei Piago in die Buchabteilung. Die hatte ich beim letzten Mal ausgelassen.
Ich stöbere in aller Ruhe und kaufe hier meine ersten sieben Bücher (inkl. Nagoya Map). :-D
Freitag, der 2. Januar 2015
Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ich habe Geburtstag. :-D
In der Früh bekomme ich gleich einen Anruf von meinem Mann, der mir ganz lieb gratuliert.
Hach, wie schön. <3<3<3
Zeit zum Feiern ist jedoch nicht, denn für heute hat K-san eine Busreise gebucht. Busreisen sind in Japan sehr beliebt. Unser Ziel ist Ise Jingû, der bedeutendste Shintô-Schrein und gleichzeitig das höchste Heiligtum Japans.
Wahrscheinlich wird es da proppenvoll werden, denn wie oben bereits erwähnt gehört der Schreinbesuch zu Neujahr zu den wichtigsten Traditionen.
Über Nacht hat es wieder geschneit und es ist sogar Schnee liegen geblieben.
In den Nachrichten gibt es viele Meldungen und Bilder von Leuten, die vom plötzlichen Schneefall überrascht wurden. Mir tun die armen Japanerinnen in ihren teuren Kimonos leid, die im Schneetreiben im Fernsehen zu sehen sind.
Um 7:40 Uhr fahren wir mit dem Taxi zum Busbahnhof. Der Himmel ist noch verhangen und es ist kalt.
Als wir dann um 8:30 Uhr mit dem Bus losfahren, hat es aufgeklart und die Sonne scheint. Lucky!
Erster Halt ist schließlich der Äußere Schrein von Ise (gekû). Ähm, nein, das stimmt nicht ganz.
Erster Halt war auf einem Rastplatz. Der Bus macht ganz viele Toilettenpausen, so dass Leute mit einer schwachen Blase (oder die ständig trinken wie ich und vielleicht noch eine schwache Blase haben :-P) keine Probleme haben. Ich war jedes Mal auf Toilette. ^^;;
Nach der zweiten (?) Pause wird uns das Mittagessen überreicht.
Sieht besser aus als es schmeckt. ^^;;
Dann erreichen wir um 12:00 Uhr den Äußeren Schrein von Ise (gekû). Jetzt wirklich. :-P
Der Bus hält also. Die Gruppe steigt aus und folgt brav dem Fähnchen schwenkenden Reiseführer.
Wir besichtigen den Schrein und finden ihn langweilig. Ähem.
Alle 20 Jahre wird der Ise Jingû (Äußerer wie auch Innerer Schrein und die zugehörigen 123 Nebenschreine) versetzt und neu aufgebaut. Dieses Ritual nennt sich Shikinen-sengû und wurde zuletzt im Oktober 2013 ausgeführt.
Hier seht ihr den Hauptschrein des gekû von außen. Innen ist das Fotografieren verboten.
Und hier stand er davor.
Nun fahren wir weiter zum Inneren Schrein (naikû). Hier haben wir eine längere Aufenthaltszeit, die wir frei gestalten können.
Allerdings verzichten wir auf den Schreinbesuch und gehen gleich rüber zu Okage Yokocho ("kleine Straße des Dankes"). Okage Yokocho liegt im Stadtviertel Oharai-chô und direkt vor den Toren des Naikû-Schreins. Die Straße wurde 1993 im alten Stil neu errichtet. Die anliegenden Häuser sind historische Rekonstruktionen aus der Edo- und Meiji-Zeit. Sie beherbergen Souvenirläden, Restaurants (lokale Spezialitäten) und ein Museum. Sehr sehenswert.
Auf dem Schild steht "Ab hier Okage Yokocho".
Ach ja, normalerweise ist es um die Neujahrszeit wesentlich voller. Aber aufgrund des starken Schneefalls sind viele Bustouren, gerade aus der Kansai-Region (Ôsaka, Kyôto, ...) ausgefallen. Dazu gab es auf einer Autobahn mehrere Unfälle wegen des Schnees, so dass diese vorübergehend gesperrt werden musste, wurde uns gesagt.
In so einer Einkaufsstraße wird natürlich auch das ein oder andere gegessen.
Wir beginnen mit Igagyû-Nikuman. Einer gedämpften Teigtasche gefüllt mit Rindfleisch vom Iga-Rind. Schmeckt zwar gut, aber die Fleischmenge ist im Verhältnis zum Teig (und zum Preis) recht armselig.
In einem japanischen Café gibt es eine Stärkung mit Matcha und Wagashi.
Soll ich ehrlich sein? Mein Matcha zu Hause (von Koyamaen) schmeckt mir wesentlich besser. ^^;,
In dem Café kauft mir meine Mutter ein Mandarinen-Mochi, mit dem ich geliebäugelt hatte. "Zum Geburtstag" sagt sie.
Da sie mir bisher noch nicht gratuliert hatte, nahm ich an, dass sie meinen Geburtstag vergessen hat und war deswegen schon sehr betrübt.
"Ich dachte, du hast meinen Geburtstag vergessen!"
"Nein, ich wollte dir heute Abend gratulieren. Ich habe ganz viele Geschenke für dich."
Puh, als ich das höre, fällt mir ein Stein vom Herzen und ich bin wieder froh.
Meine Mutter hat meinen Geburtstag also doch nicht vergessen. *freu*
Ja, das ist mir wichtig.
Hinter dem Café:
Dann kommen wir an einem Softeisstand vorbei. Ich liebe gutes Softeis und so probieren wir welches. Kazu wählt Mandarinen-Softeis (Saisonfrucht) und ich Matcha mit Vanille. Leider ist mein Eis so miserabel (vom Geschmack her), dass ich nicht mal die Hälfte davon essen mag und der Rest in den Müll wandert. Kazus Mandarinen-Softeis dagegen ist gut. Ich nasche bei ihm mit. :-P
Bei einem anderen Laden gibt es Tôfu-Softeis und Tôfu-Donuts. Softeis hatten wir gerade, also nehmen wir die Donuts. Mmh, lecker, lecker.^^
Das schönste aber ist das Abklappern der Souvenirläden, die jede Menge Knabbersachen als Mitbringsel zum Verkauf anbieten. Vor vielen dieser Knabbersachen gibt es einen Behälter mit den Knabbereien zum Verkosten.
Meistens sind es Reiscracker in allen möglichen Geschmacksrichtungen. Aber manchmal gibt es auch leckeres Matcha-Gebäck. Natürlich testen Kazu und ich uns durch, wobei Kazu natürlich etwas ungehemmter ist als ich. Hin und wieder habe ich mich dann von ihm mitreißen lassen und hin und wieder habe ich ihn auch ganz brav gebremst. :-D
Ich habe aber nicht nur gekostet, sondern auch etwas gekauft. :-D
Ise Hôjicha, Kakimochi ohne Zusatzstoffe, Shiitake-Knabbersticks und zwei Senbei (Reiscracker).^^
Übrigens alles sehr lecker.
Hier ein großes Kadomatsu. Das ist ein typisches Neujahrsgesteck aus Pinienzweigen und Bambus. Diese Gestecke werden zu beiden Seiten eines Hauseingangs aufgestellt. Sie sollen den Glück bringenden Geistern den Weg weisen.
Es wird Zeit zurückzukehren. Dabei kommen wir am Torii (Eingangstor eines Schreins) vorbei, der den Weg zum Naikû markiert.
Unser Bus. Wir sind zur vereinbarten Zeit zurück und doch die letzten. Japaner sind in der Regel (zumindest bei Bustouren) überpünktlich, so dass der Bus oft vor abgemachter Startzeit losfahren kann.
Aber diese Ausländer ... :-P
Unsere Tour ist noch nicht ganz zu Ende. Wir fahren noch zu Nabana no Sato im Nagashima Resort.
Ein Blumen Themen Park. Die Winter Illuminationen dort sind sehr beliebt.
Gelangen in eine weitere Blumenhalle
und kommen schließlich zum Lichtertunnel.
Das kommt per Foto gar nicht so schön rüber. :-(
Die letzte Attraktion ist eine Lichtershow mit Filmmusik (Superman, Zurück in die Zukunft, ...<3).
Beides zusammen (Lichterspiel und Musik) war wirklich sehr beeindruckend.
Ein langer und schöner Tag geht zu Ende. Wir hatten richtig Glück mit dem Wetter, Kazu war super artig und wir hatten viel Spaß.
Hier die Ausbeute des Tages:
(Links: Mochi mit einer ganzen Mandarine drin, grün: Matcha Warabi mochi, darunter Futomaki Sushi gefüllt mit Ei und dem berühmten Matsusaka-Rindfleisch (gab es als Abendessen im Bus), rechts: Kuri-An, eine japanische Kastanien-Süßspeise).
Ganz zu Ende ist der Tag noch nicht. Ich bekomme meine Geschenke überreicht. :-)
Und Kazu darf von mir ein Foto machen. Danke schön, Kazu. ^^
Meine Mutter und K-san haben wirklich schöne Sachen für mich ausgesucht. Arigatou!
Und da der Post wieder so lang geworden ist, gibt es hier den nächsten Cut.^^
Der Reisebericht ist wieder sehr interessant finde ich ;)
AntwortenLöschenOsechi ryôri würde ich auch gerne mal probieren.
Auf dem Bild mit von eurem Neujahrstisch sind diese Orangen, was war denn da drin?
Das konnte ich leider nicht erkennen.
Bei den Bildern von Ise Jingû gefällt mir der Hintergrund besonders gut.
Als ich in Kyoto war, musste ich auch sehr zusammen reißen, nicht überall zu naschen.
Ich esse auch gerne Softeis, in Japan gibt es auch viel mehr Sorten als bei uns, besonders lecker fand ich (auch in Kyoto) die Kombi Matcha mit Mango/Melone war es glaub ich.
Die Winter Iluminationen sehen wirklich toll aus, ich kann mir gut vorstellen, dass sie real noch viel schöner waren.
Liebe Grüße
Ein Mandarinensalat (pikant säuerlich) mit geraspelten Möhren und ich glaube geraspeltem Rettich. Was sonst noch drin war, weiß ich gar nicht so genau. Nur dass ich davon noch Nachschlag genommen habe. :-P
LöschenDas Softeis in Japan ist normalerweise auch immer sehr köstlich. Aber eben doch nicht überall.
Hm Mandarinensalat hört sich lecker an.
LöschenIch mag sowieso gerne die Kombination von Salat & Obst.